Was bedeutet Leistungszucht im Zusammenhang mit Schlittenhunden?

 

 

Klar, dass solch ein Hund den Schlitten ziehen soll. Aber so einfach ist die Frage nicht beantwortet. Ebenso wie ein Hund vor dem Schlitten nicht gleich ein leistungsorientierter Schlittenhund ist, lässt sich die Leistung nicht alleine mit der Eigenschaft des Ziehens erklären. Um der Antwort auf diese Frage näher zu kommen, müssen wir ein wenig in die Genetik abtauchen.

 

Zuerst ist zu erwähnen, dass das Verhalten des Hundes sowohl durch verhaltensrelevante Gene - die anatomische-physiologische Ebene und die neurochemische Ebene - und durch die Epigenetik - Einfluss der Umwelt - gesteuert wird. Eine Verhaltensweise oder Charaktereigenschaft liegt nicht auf einem Gen oder kann nach Belieben beigebracht werden. Es bestehen einzelne Dispositionen in verschiedenen Bereichen, die in ihrer Gewichtung und Assoziation mit weiteren Dispositionen zu einem Verhalten führen.

 

Die anatomische - physiologische Ebene setzt sich mit den Voraussetzungen der Anatomie (des Körperbaus) zusammen. Die Kraft Gegenstände mit Zugstärke in Bewegung zu setzen oder Laufleistungen auf Zeit zu erbringen erfordert entsprechende anatomische Bedingungen. So sind im menschlichen Bereich kleine Menschen nicht gerade dazu prädestiniert Basketballprofi zu werden. Auch ob eine Verhaltensweise ausgeführt wird, ist davon abhängig, ob die anatomischen Bedingungen gegeben sind.

 

Zum Körperbau gehören nicht nur Winkelungen, sondern auch Leichtigkeit und Schwere der Knochen, Pfotenstellung und -beschaffenheit, Felldichte, und Kopfform. Ein Schlittenhund muss mit verschiedenen Wegbeschaffenheiten zurechtkommen. Für den Züchter heißt es darauf zu achten, wie der Hund mit Asphalt, Wald- und Wurzelwegen, Eis oder Tiefschnee zurechtkommt. Fällt es den Hund schwer Lasten über lange Strecken zu ziehen? Kann er sein Tempo gut regulieren? Ist das Fell dazu geeignet verschiedenste Wetterkapriolen auszuhalten, ohne dass der Hund unnötig in seiner Handlung eingeschränkt wird?

 

Die neurochemische Ebene beschäftigt sich mit der Wirkung verschiedener Neurotransmittern und Hormonen, die in Assoziation zueinander Verhaltensweisen beeinflussen können. So führt Dopamin (Neurotransmitter) durch seine motivationssteigernde Wirkung im Zusammenhang mit Serontin (Neurotransmitter) welches stimmungsaufhellend wirkt zu einem Selbstbelohnungseffekt beim erfolgreichen Ausleben einer Verhaltensweise. Alle Neurotransmitter und Hormone einzeln in ihrer Funktion aufzuführen, würde wohl den Rahmen dieser Erklärung sprengen.

 

Die Epigenetik setzt sich damit zusammen, welche Einflüsse die Umwelt auf verhaltensrelevante Gene hat. Wird ein Hund in seiner Funktion als Schlittenhund über Generationen nicht mehr eingesetzt, so fallen auch wesentliche Merkmale, die einem Schlittenhund erst zu dem machen was er ist, weg.

 

Diese Punkte sind bei jedem Charakterzug, unabhängig welche Rasse, mit zu beachten, um ein Verständnis für das Verhalten der Hunde zu bekommen.

 

Einige Musher haben bereits die Erfahrung gemacht, dass die Leistungen der Hunde nachlassen oder gar vollständig entfallen, wenn über wenige Generationen hinweg nicht mehr auf die genetischen Bedingungen in der Zucht geachtet wird. Und ob ein Hund wirklich zu einem guten Schlittenhund wird, ist nur festzustellen, wenn auch tatsächlich Schlittenhundesport mit ihm betrieben wird. Anhand dieser Erkenntnis ist es nicht verwunderlich, dass es bereits einige typische Hunde, die der Schlittenhunderasse angehören, gibt, die nicht mehr in der Lage sind Zugsport in dem Maße, wie leistungsorientierte Hunde arbeiten, auszuüben.

 

Das Ziehen der Hunde lässt sich am besten anhand des Desire to Go erklären. Wie bereits oben erwähnt ist auch das Desire to Go eine Verhaltensweise und kein einzelnes Gen, welches in einem Stück vererbt wird.

 

Der Desire to Go beschreibt den Drang ein Bedürfnis ausleben zu wollen – es stellt übersetzt den Wille zum Ziehen oder den Drang nach vorne da. Es ist die wichtigste Charaktereigenschaft für den Zughundesport. Belohnt und verstärkt wird das Verhalten einzig durch das Ausleben des Triebes. Das heißt der Desire to Go ist ein selbstbelohnendes Verhalten, welches nicht durch Fremdwirkung z.B. in Form von der Motivation durch Leckerlies belohnt werden muss. Der desire to go kann nicht erlernt werden, sondern ist eine genetische Disposition, die durch Vererbung weitergegeben wird. Oft gibt es auf Schlittenhunderennen oder im Bereich Scooter fahren fremde Rassen, mit denen Zugsport ausgeübt werden. Das Ziehen und laufen dieser Hunde ist in der Regel auf einem konditionierten Lerneffekt zurück zu führen. Es wird nicht auf einmal ein Hund geboren, dessen früheren Generationen lange nichts mit Zugsport im Sinne hatten, der das Desie to Go in sich trägt, wie jahrelang darauf gezüchtete Hunde.

 

Nun gibt es Hunde mit unterschiedlich ausgeprägten Desire to Go. Wie stark dieser wirklich ist, erkennt man ebenfalls nur an gesammelten Erfahrungen mit den Hunden und der Konfrontationen mit unterschiedlichsten Bedingungen (z.B. Schneesturm, weiten ohne Blick auf Wild, Höhenmeter in Form von langen oder steilen Anstiegen).

 

Leistungszucht ist also nicht einfach die Verpaarung zwischen zwei Schlittenhunden. Der Züchter achtet dabei auf verschiedenste Merkmale im Wesen und der Autonomie, ob diese bei seinem Hund vorhanden sind. Und dies erkennt man erst, wenn man mit seinem Hund 1-2 Saisons intensiv unter multiplen Bedingungen trainiert hat.

 

 

Wie erkenne ich Züchter deren Hunde aus Leistungszucht stammen?

 

Eine Leistungszucht ist anhand der Ahnentafel erst zu erkennen, wenn beide Elterntiere Leistungsprüfungen erfolgreich absolviert haben. Dies heißt aber nicht das einzig diese Hunde aus einer Leistungszucht stammen. Der SHC (Siberian Husky Club) setz Arbeitsprüfungen voraus, bevor der Hund überhaupt zur Zucht zu gelassen wird. Im DCNH (Deutscher Club für nordische Hunde) gibt es die freiwillige Möglichkeit seinen Hund unter einer oder mehrerer Leistungsprüfungen zu unterziehen. Aber es gibt auch viele tolle Hunde von Mushern, die keine Leistungsprüfung absolviert haben. Ihr erkennt einen Züchter, der sich zum Ziel gesetzt hat leistungsfähige Hunde zu züchten daran, dass er sich ganz genau über die obenstehenden Merkmale Gedanken zu seiner Verpaarung gemacht hat. Fragt ihn nach Erfolgen und lasst euch dabei nicht von einzig der Angabe von verschiedensten Platzierungen überwältigen. Hakt nach, was dies für Rennen waren und in welcher Konkurrenz das eigene Team stand. Auch allein geführte Touren können einen Erfolg darstellen. Fragt nach den verschiedensten Bedingungen unter die die Zuchthunde bereits gelaufen sind.